Bunt tätowiert mit Statement-Shirt gegen Faschisten ist Sven Schantz, den Darmstädter eher unter seinem Spitznamen „Wuschel“ kennen, beim Interviewtermin im Café Chaos kaum zu übersehen. Das Herz trägt er am rechten – politisch gesehen: eindeutig linken! – Fleck. Wichtig ist ihm, „zu zeigen, dass man mit der aktuellen Politik nicht einverstanden ist. Dass es absolut nicht geht, wenn bald Nazis in der Regierung sitzen und, dass jeder versuchen sollte, jetzt dagegen vorzugehen.“
Aktuell ist Wuschel privat-nebenberuflich zwei- bis viermal die Woche in Darmstadt. Hier führt er Interessierte durchs 98er-Stadion am Böllenfalltor und er ist in der Fan- und Förderabteilung (FuFa) sowie im Ehrenamts-Orgateam der Lilien-Fanmannschaft, die in der Kreisliga B kickt, aktiv. Außerdem besucht er gerne Konzerte, Fußballspiele oder trifft sich mit Freunden zum Frühstück. Politisch aktiv mit „Auf-Demos-Gehen“ und „Sich-in-diversen-Gruppen-Engagieren“ ist der 52-Jährige nicht mehr. „Das habe ich früher viel gemacht.“ Nun ist laut Wuschel vor allem auch die jüngere Generation gefordert, sich zu informieren, zu engagieren und den Widerstand gegen den Rechtsruck weiterzutragen. Auch in anderer Hinsicht hat er eine klare Meinung: So sind ihm persönliche Treffen mit Freunden lieber als Videocalls, Dinge vor Ort zu kaufen, findet er besser als online zu shoppen – und der gelernte Erzieher zieht zum Vorlesen Kinderbücher aus Papier jeder App vor. „Da bin ich noch ein bisschen alte Schule“, sagt er und schmunzelt.
Ein herzlicher Freigeist
Als Darmstädter Gesicht sieht sich Wuschel nicht unbedingt. „Ich komme nicht aus Darmstadt und wohne noch nicht mal hier.“ Geboren, aufgewachsen und immer noch wohnhaft ist der herzliche Freigeist mit dem trockenen Humor in Bad König im Odenwald. „Eigentlich nicht so weit, aber eben auch nicht Darmstadt.“ Und dennoch ist er gerade im Lilien-Umfeld omnipräsent – ob er es wahrhaben will oder nicht. Seine Beziehung zur Heinerstadt ist eine klassische On-off-Geschichte: Anfang der Neunziger hat Wuschel seine Ausbildung am E-Stift absolviert, arbeitet aber in seiner Heimatstadt. „Seit 2008 findet man mich, wenn ich in Darmstadt bin, vor allem rund ums Bölle – aber immer nur zu Besuch.“ Trotzdem hat er seine „Places to be“ wie das Café Chaos oder die Oetinger Villa, die ihn auch politisch prägte. Diese Prägung zeigt sich auch in seinem Musikgeschmack: Er lauscht gerne den Liedermachern Reinhard Mey, Hannes Wader und Konstantin Wecker oder „Bands mit Kante“ wie L.A.K., Alarmsignal, Popperklopper, Lumpen, Cock Sparrer, Lost Fastidios und weiteren Streetpunk-/Oi-Bands aus England, Italien und Spanien. Und: „Grüße gehen auch raus an Pillhuhn Polka [Darmstädter Punk-Superband].“ Im P Magazin war Wuschel übrigens schon mal: „In der 88. Ausgabe in einem Bericht über antifaschistische Skinheads aus Darmstadt war ich einer der Interviewpartner.“ Glatze haben, aber Wuschel heißen? „Das kommt von meiner ehemaligen schulterlangen Naturlockenfrisur“, erklärt er lachend. „Ist lange her, aber der Name ist geblieben.“







