Die einen nennen’s Stoner Rock, die anderen Doom Southern Rock. Aber egal, wie man es ausdrückt – es ist schon sehr düster und heavy, was die international ausgerichtete Band Bushfire seit 2004 von Darmstadt aus auf die Bühnen der Welt trägt.
Nachzuhören ist es auch auf ihrem jüngst erschienenen fünften Album „Snake Bite Tales“. Zu unserem Hörspiel, das diesmal größtenteils aus untypischen Songs artverwandter Kapellen besteht, fanden sich Sänger Bill Brown und Gitarrist Miguel Pereira ein.
Es passte zeitlich gerade gut, so als Zwischenstopp zur Bandprobe. Drummer Sascha Holz, Bassist Nic Kurz und Gitarrist Luis Jacobi lassen schön grüßen.
The Cure „Drone Nodrone“
Die alten Wave-Helden aus Crawley, England, kamen letztes Jahr nach 16 Jahren Album-Pause wieder zurück – teils überraschend heavy, wie in diesem Song.
Bill: I don’t know this one.
Miguel: Es hat Tool-Vibes, klingt wie Tool aus den Achtzigern, der Bass …
Bill: Nein, eher wie Linkin Park.
Wartet erst mal auf den Gesang, dann erkennt Ihr’s.
Bill und Miguel [gleichzeitig beim Einsetzen des Gesangs]: Ah, das sind The Cure.
Miguel: Ich habe ein Cure-Trauma: Mein Bruder hat immer laut The Cure gehört, wenn er Beef mit meinen Eltern hatte. Ich glaube, es ging darum, dass er ein Motorrad haben wollte. Und deshalb hab ich die immer gehasst. Aber es hat sich mit den Jahren relativiert.
Bill: „Disintegration” ist das einzige Album von ihnen, das ich besitze. Alle anderen Alben saugen. Als ich noch Schüler in den USA war, sind wir immer im Schulbus gefahren, 45 Minuten hin, 45 Minuten zurück. Da saß dieses blonde Mädchen mit schwarz geschminkten Augen, sie hat genauso wie ich immer Walkman gehört. Irgendwann haben wir dann einfach mal die Walkman-Kassetten getauscht. Das war so in etwa 1989. Auf meiner Kassette war Metallica. Und auf der einen Seite ihrer Kassette war „Disintegration“ von The Cure. Dieses Album ist für mich bis heute one of my top top Top Ten. Auf der anderen Seite war ein anderes Album von Cure, das ging los mit „Standing on a beach with a gun in my hand“ – total rubbish!
Miguel: Ja, genau das hat mein Bruder immer gehört. Nervtötend.
Das P zückt die LP „Standing on a Beach“, die Zusammenstellung der ersten Cure-Single-Hits, die zufällig gerade bereit steht: Meint Ihr die hier?
Bill und Miguel [schreien laut]: Jaaa, genau die … pack die weg!
Monster Magnet „Black Celebration“
1998 erschien mit „For The Masses“ eine Hommage an Depeche Mode, die Synthie-Götter aus Basildon, England – vorwiegend von alternativen, härteren und dunkleren Gesellen dargeboten. Die Spacelords von Monster Magnet waren auch dabei, verzichteten aber überraschenderweise auf den Einsatz von Gitarren.
Bill: That’s Depeche Mode!
Miguel: Das ist „Black Celebration“, wie er ja auch singt. Das ist noch so eine „Großer-Bruder-Band“ von mir – aber die fand ich im Gegensatz zu The Cure immer geil. In meiner Jugendzeit kam die „Violator“ raus [schwärmender Blick] …
Bill: Das ist Musik, zu der ich Sex haben könnte!
Ja, aber wie unschwer zu erkennen, ist das eine Coverversion, bei der Suche nach dem Interpreten sind wir noch keinen Schritt weiter …
Miguel: Ist das ein deutscher Sänger?
Nein.
Bill: Es könnten Linkin Park sein, aber der Sänger hat sich ja erschossen.
Miguel: Ah. Das ist Monster Magnet! Ich hab Dave Wyndorf, den Sänger, erkannt, als er endlich mal ein bisschen lauter gesungen hat!
Sehr gut!
Queens Of The Stone Age „It“
Auch eine andere stonerige Rock-Band, nämlich die Haupt-Band von Josh Homme, kann von ihrem Pfad mal abweichen, hier mit einer Prince-Coverversion.
Bill: Hmmm … ich habe in letzter Zeit viel Nine Inch Nails gehört, also tipp ich mal da drauf [Der Gesang setzt ein]. No, that’s not Nine Inch Nails.
Miguel: Heißt der Sänger Atticus?
Nein – bevor die allgemeine Ratlosigkeit einsetzt, vielleicht noch ein letzter Versuch?
Bill: Merkwürdigerweise klingt es für mich wie ein Queens-Of-The-Stone-Age-Song.
Das ist korrekt.
Miguel: Yeah, wir haben ja einen richtigen Lauf!
Bill: Three out of three!
Black Sabbath „Planet Caravan (alternative lyrics version)“
Eine frühe Version der Ballade vom Album „Paranoid“, die zeigt, dass die Doom-Rocker aus Birmingham auch schon früh in ihrer Karriere anders, nämlich ganz hippiesk-zärtlich, konnten.
Miguel [nach circa fünf Sekunden]: Das ist „Planet“ … äh … „Caravan“. Das Original ist von Black Sabbath.
Wer sagt denn, dass das hier eine Coverversion ist [Ozzy Osbourne singt gerade wispernd davon, dass er im grünen Gras sitzt und dass ihm kalt ist]?
Miguel: Das ist doch nicht Ozzy!
Bill: That’s definitely a Black Sabbath cover version! Es klingt, als würde Jeff Beck singen oder so.
Das hier ist eine frühe Version eines Songs vom zweiten Black-Sabbath-Album, noch ohne Gesangseffekte, deshalb klingt es vermutlich so ungewohnt. Warum ich Euch das vorspiele: Euer „Under Willow Tree“ vom neuen Album fängt ähnlich an, da dachte ich schon, Ihr macht jetzt auch eher zärtliche Musik … Aber der Song ändert sich dann ja noch nach 30 Sekunden.
Miguel: Na ja, drei Minuten dauert es schon, bevor es heavy wird …
Bill: „Under Willow Tree“ is a lot about the death of my mother. Wir haben ja immer Arbeitstitel für die Songs. Als mir dann die Zeile „My body was swinging under the willow tree” in den Sinn kam, hatten wir einen Titel. Wenn ich mit fünf Jungs, inklusive mir selbst, in einem Raum bin und alle rocken, dann bekomme ich als Sänger ein bestimmtes Feeling und muss meine Seele ausschütten. Oftmals findet sich zwar in der ersten Version eines Songs nur eine Silbe oder eine Phrase, die gut ist, aber zu Hause schaue ich meist in eins meiner zahlreichen Wörterbücher und überlege mir Reime oder passende Begriffe. Ich hab sogar ein Traum-Lexikon – und das benutze ich natürlich auch zum Songschreiben.
Richard Cheese „People Equals Shit“
Richard Cheese aus Los Angeles ist ein Lounge-Sänger der ganz besonderen Art. Auf Alben wie „The Sunny Side Of The Moon“, „Aperitif for Destruction“ oder „Back in Black Tie“ croont er sich durch ein ganzes Arsenal von Metal- und Punk-Klassikern. Diesmal ist ein nihilistischer Klassiker von Slipknot dran.
Miguel [nach wenigen Sekunden]: Das ist Dick Cheese … Richard Cheese!
Bill: I love Dick Cheese! DJ Kai [der bekannte langjährige Krone-DJ] hat mir diesen Kram nahe gebracht. Er hat im Dieburger Biergarten aufgelegt und ich hab da die Lichter gemacht, da hat er das gespielt. Die Leute haben den ganzen Abend auf böse heavy Alternative Music getanzt, zornig und aggressiv. Dann kam die Lounge-Musik von Richard Cheese – and they really let it out, ha ha!
Aber braucht man wirklich mehr als ein Richard-Cheese-Album?
Bill: Nun, im Gegensatz zu Weird Al Jankovic ändert er ja nicht die Texte, sondern die Musik. Ich würde es jedenfalls lieben, wenn er einen unserer Songs verloungen würde!
Miguel: Yeah, that would be good …! Und Pat Boone ist auch sehr gut. Das ist ein in den USA sehr bekannter Entertainer, er kommt aus der christlichen Ecke und dann covert er solche Songs wie „Paradise City“ und „Enter Sandman“ [auf dem 1997er-Album „In A Metal Mood“].
Black Flag „Nothing Left Inside”
1984 war eine der ersten und bekanntesten Hardcore-Bands der USA fast am Ende. Mehrere Bandmitglieder hatten die Band verlassen, es gab Querelen mit der Plattenfirma. Das Rest-Trio um Henry Rollins und Greg Ginn raffte sich aber trotzig auf und erschuf mit „My War“ ihr vermutlich düsterstes und härtestes Album – mit deutlich mehr Metal- als Punk-Einflüssen.
Miguel: Den Beat kenn ich …
Bill: Ist das dieser „Lucifuge-Guy“? Dieser … Glenn …
Miguel: … Danzig?
Nein.‘
Miguel: Es klingt sehr lo-fi. Aber die Frage ist, ob es nur deshalb so lo-fi klingt, weil es so alt ist, oder ob es absichtlich so klingt.
Alt.
Bill [hört aufmerksamst zu]: Das ist aus den Achtzigern.
Ja.
Bill: Für mich ist das eine Kreuzung aus Glenn Danzig und Suicidal Tendencies.
Ein kleiner Tipp: Normalerweise spielen sie schnellere und kürzere Songs.
Miguel: Hmm … die schräge Gitarre klingt nach den Melvins.
Ich löse auf: Das ist Black Flag … mit Henry Rollins am Gesang.
Miguel: Das muss man auch wollen, diese Musik. Also, die Aufnahme klingt ja sehr rustikal, als hätte man einen Cassettenrecorder in den Proberaum gestellt. Das haben wir früher ja auch gemacht. Wir hatten ja nüscht [lacht]!
King Gizzard & The Wizard Lizard „Phantom Island“
Der Titelsong des aktuellen Albums der wahnsinnig produktiven australischen Band, die zum Zeitpunkt der Niederschrift auf 27 Studio- und 56 Live-Alben kommt (wenn Ihr das hier lest, sind wahrscheinlich schon wieder vier dazugekommen …).
Miguel: Das klingt nach den Siebziger Jahren – das könnte zum Beispiel Lalo Shiffrin sein.
Bill: Ah, er singt was vom „Willow Tree“ … – da gibt es also Ähnlichkeiten. I’m blown away …!
Es ist aber nichts aus den Siebzigern, sondern etwas Aktuelles. Eine Band, die bekannt für ihre zahlreichen Stilwechsel ist.
Miguel: Dann muss es King Gizzard sein …! Die sind total durchgeknallt mit ihren zahlreichen Veröffentlichungen. Die sind saugut, unbestritten. Aber von denen bin ich überfordert. Wer will denn alle vier Monate ein neues Album von denen in einem neuen Stil kaufen [von der Band gibt es waschechte Metal-, Psychedelic-, Dance-, Pop- und Rock-Alben].
Die Band spiele ich Euch vor, weil sie in den aktuellen Doomcharts auf Platz 38 steht. Wisst Ihr, wo Ihr steht?
Bill [zeigt mit seinen Fingern an]: Auf Platz 20! Auf der einen Seite ist es etwas albern, so etwas wie Musik zu skalieren. Aber für eine Band wie uns, ohne Label und ohne jemanden, der uns pusht, ist das eigentlich cool. Aber dann frage ich mich wieder: Warum bist du über so was happy?
Miguel: It’s about the exposure! Es geht ja nicht um die Liste oder ob man auf der Nummer 20 oder der 120 steht. Es geht darum, dass man sieht, dass unsere Musik von den Leuten gehört wird. Obwohl wir keinen haben, der Promotion für uns macht, hat dieses neue Album schon einiges und einige erreicht.
Bill: Ich habe neulich zu jemandem gesagt: I’m gonna live forever! Denn alle Musiker leben für immer: Du kannst dir hier aus dem Regal [deutet auf das Plattenregal vor sich] irgendeine Platte von einer toten Person rausziehen, und ich glaube, davon stehen da einige, und du kannst sie auflegen und ein Stück von ihrer Seele hören! Ich meine: Wir kämpfen und wir streiten im Proberaum und dann pressen wir alles zusammen. Und wenn wir Glück haben, kommt am Ende ein Diamant raus. Und selbst, wenn wir morgen sterben, kann noch jeder hören, wie wir unsere Alben gemacht haben. Music is timeless. And that’s the most beautiful thing about music.
Manfred Krug „Copacabana“
Im Jahr 2000 tat sich der zu DDR-Zeiten kultisch verehrte Jazz-Sänger (und spätere „Tatort“-Kommissar) Manfred Krug mit Till Brönner zusammen und machte mal wieder ein Album mit gut abgehangenen Show-Klassikern mit eigenen deutschen Texten. Darunter auch diese Barry-Manilow-Ballade.
Bill: Noch mal Dick Cheese …
Nein. Das ist der erste deutsche Künstler heute!
Bill singt mit [„Die Frau hieß Lola, sie war ein Showgirl“]: Ein Barry-Manilow-Cover … von „Copacabana“.
Da siehst Du es wieder: Der Sänger ist tot, aber wir können seine Musik noch hören.
Miguel: Roger Cicero?
Bill: Stefan Raab?
Miguel: Udo Lindenberg … äh, Jürgens?
Nein, er war eher als Schauspieler bekannt.
Miguel: Dann ist es Manfred Krug.
Genau! Gut erkannt! Habt noch eine abschließende Botschaft für die P-Leser?
Bill: Das P ist cool und es war immer gut für uns – es ist der Wind, der uns alle nach vorne weht. Read the P Magazine!
Das ist aber nett, vielen Dank! Und wir können uns dem nur anschließen: Hört mehr Bushfire! Und Barry Manilow!
Release-Konzert + Vinyl-„Win! Win!“
Das Darmstadt-Release-Konzert für das neue Bushfire-Album findet am Samstag, 15. November, um 21 Uhr im 806qm statt.
Win! Win! Das P verlost zwei Vinyl-Ausgaben von „Snake Bite Tales“ unter allen, die unsere Quizfrage beantworten können: Wie alt werden Bushfire in diesem Jahr? Mailt uns die richtige Antwort mit dem Betreff „Bushfire“ bis 30. September an verlosung@p-verlag.de.







