Der Herbst hält Einzug, die Blätter färben sich, die Tage werden kürzer. Doch am Lilienbecken von Albin Müller bleibt alles grün. Das Wasserbassin trägt seine immerwährende Farbigkeit als Konstante: Türkis, Blau und smaragdgrüne Nuancen, dazu das Muster der Lilien, die sich über den Grund ziehen, Blatt an Blatt, Blüte an Blüte.
Während ringsum die Natur vergeht, behauptet dieses Werk seine eigene, stille Dauer. Das Ornament wiederholt sich, ohne müde zu werden. Es ist nicht Beiwerk, sondern Kern. Hier zeigt sich jene Haltung, die auch die Künstler des Pattern & Decoration Movement Jahrzehnte später wieder stark machen wollte: dass Muster und Dekor nicht minderwertig, sondern wertvolle, sinnstiftende Elemente der Kunst sind. Während große Teile der Moderne den „reinen“ Ausdruck von Ornament und Handwerk abwerteten, entwarf Albin Müller in Darmstadt schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine andere Perspektive. Im Geist der Künstlerkolonie verband er Architektur, Handwerk und Ornament zu einem Gesamtensemble, in dem das Wiederholte, das Dekorative nicht schmückend, sondern tragend wurde.
Vielleicht liegt darin eine Analogie zu den Jahreszeiten selbst: Auch die Kunst kennt ihre Zyklen, in denen bestimmte Formen und Ideen in den Vordergrund treten, um später wieder zu verschwinden und irgendwann erneut aufzublühen. Das Lilienbecken ist ein Echo aus einer solchen Phase und zugleich ein Vorgriff auf spätere Debatten, die das Verhältnis von Kunst, Ornament und Alltäglichem neu verhandelten. Und so bleibt es, jahreszeitenunabhängig, ein kleiner Fixpunkt im Stadtraum. Ein Becken voller Wasser, ein Muster ohne Ende, eine Erinnerung daran, dass auch im Wandel die Wiederholung ihre eigene Schönheit hat.
Kunst im öffentlichen Raum
Kunst findet man nicht nur in Museen und Galerien, sondern oft auch im Freien und für jede:n sichtbar. Manche Werke sind schon seit Jahrhunderten ein Teil des Stadtbildes, andere zieren es nur kurz. In Darmstadt haben einige Fügungen des Schicksals dafür gesorgt, dass es besonders viele Kunstwerke im öffentlichen Raum gibt. Ohne die schützenden Laborbedingungen eines White Cube gehen sie allerdings schnell unter. Dabei können gerade diese stillen Zeitgenossen unsere Wahrnehmung des Stadtraumes verändern und unser Verständnis von Welt herausfordern. Eine Einladung zum Fantasieren.







